Allen Widrigkeiten zum Trotz – oder einfach Endometriose, ihre Begleiter und ein Kinderwunsch der wahr wurde

 

Triggerwarnung: In diesem Erfahrungsbericht wird unter anderem über Fehlgeburt und Ausschabung erzählt.

Das ich das jemals schreiben würde: Ich bin schwanger! Ich bin schwanger! Mein damaliges 23-Jähriges Ich hätte es nicht geglaubt. „Die haben doch gesagt es geht nicht.”

Mein Name ist Alina, bin 34 Jahre alt und leide an Endometriose (das Vorkommen von Zysten und Entzündungsherden, die sich z.B. an Eierstöcken, Darm oder Bauchfell ansiedeln) und Adenomyose (das Vorkommen von Endometriose-Herden in der Muskelwand der Gebärmutter). Die Begleiter Reizdarm, Allergien sind natürlich mit von der Partie. Schon immer. Mit 13 und der ersten Periode fing alles an, ich bekam keinen richtigen Zyklus rein, Zysten, die Pille(n) und Hormonspirale, Schmerztabletten und Therapien, bloß habe ich keine Periode bekommen. Ich hatte 6 Bauchspiegelungen und nur einen funktionierenden Eileiter. Die Hoffnung stirbt zuletzt, so sagte man es mir.  Hätte ich damals auf meinen ersten Gynäkologen gehört, der die Endometriose entdeckt hat und eigentlich mehr eine Last als Hilfe war, dann würde ich hier nicht diese Zeilen schreiben – hochschwanger in der 40. Schwangerschaftswoche. Mit einer „fast“ Bilderbuchschwangerschaft. Auf natürlichem Weg. Ohne künstliche Befruchtung. Fast vergessen, dass ich Adenomyose oder gar Endometriose habe. Von Schmerzen weit und breit nichts zu spüren.

2020 hatte ich mich dazu entschieden die Hormonspirale ziehen zu lassen. Nach über 20 Jahren konstant Hormone nehmen. Ich war aufgeregt. Endlich meinen Körper spüren zu dürfen, meine Periode zelebrieren zu dürfen. Trotz der Tatsache von „nur“ einem Eileiter war ich zuversichtlich. Mein Zyklus, er war einfach bilderbuchmässig. Was war ich doch glücklich! Nicht lange hat es gedauert, da hielt ich den positiven Schwangerschaftstest in meinen Händen. Leider auch nicht lange danach bekam ich die Nachricht: Sie haben eine Missed Abortion – wir müssen Ausschaben. Schon wieder eine Operation. Wieder an die Gebärmutter ran. Ich kann sagen: Die Zeit danach war eine Achterbahnfahrt! Nicht nur auf die Fehlgeburt bezogen, sondern mein Körper war dann mit „heilen“ beschäftigt. Es folgte jedoch schnell eine weitere Schwangerschaft. Diese endete dann leider erneut mit einer Fehlgeburt.

Ab diesem Punkt versuchte ich jedoch immer noch positiv zu denken. Mir zu sagen „Hey, komm… du hast deine Hürden“. Ich glaubte an etwas „Höheres“. In dieser Zeit hatte uns die Pandemie mit Corona voll im Griff. Ach ja, dank Covid war mein Eisprung gar nicht mehr gegeben – über Monate – und ich geriet dezent in Panik. Super. Genau was ich brauchte. Meine Beziehung litt auch darunter, dass wir so viel Hürdenspringen in einer kurzen Zeit vornehmen mussten. Ich war ungelogen etwas am Boden. Ich wollte mich auch nicht groß mitteilen, weil ich keine Lust mehr auf mein Umfeld hatte, das gefühlt überhaupt nichts verstand.

Wir haben uns in einer Kinderwunschklinik angemeldet. Alle Daten und Geld zusammengetragen und auf diesen einen Tag gewartet. Tja, dann soll es wohl doch so sein. Ist es meine Adenomyose die hier Probleme macht? Ich habe immer mehr Probleme mit meiner Adenomyose gehabt als mit der Endo. Natürlich, diese schmerzte mich stark.  Befallen waren immer Gebärmutterbänder, Blasendach, Douglas Raum, Vaginal. Meine Gebärmutter ist deformiert und dick. Wie eine schöne Adenomyose im Buch steht.

Ich fing an zu lesen, wie die Studien dazu liegen – Adenomyose und Schwangerschaft. Wow. Die Aussichten sahen nicht rosig aus. Wollte ich mich davon beeinflussen lassen? Von den „neunmalklugen“ Sprüchen meines Umfelds? Von den empathisch gemeinten Sprüchen, die mich aber mehr als verletzt haben? Von der Einsamkeit die ich gespürt habe während meiner Fehlgeburten? Nein, das war nicht mein Charakter. Mein Magic Trick war schon immer „weiter machen“. Also bin ich zur nächsten Base gesprungen und habe einfach mal das Leben genossen. Kopf aus. Nicht mehr an Ovulationstests gedacht, das andere schwanger werden, an geplanten Sex mit meinem Partner. Darauf hin fiebern wieder einen Schwangerschaftstest machen zu können. Es gehörte zu meiner eigentlichen, monatlichen Routine.  Wir hatten den letzten Zyklus vor der Klinik und nur einmal genutzt. Tja, ein Schuss – ein Treffer. I don’t think so.

…aber dann…1 Woche vor dem Termin in der Kinderwunsch Klinik habe ich ihn in den Händen gehalten. Positiv! Zum dritten Mal! Es muss ein Herkules in meinem Eileiter gesessen haben. Ich konnte es mir nicht anders erklären.

Ich habe mich nicht getraut Freude zu zeigen, um ehrlich zu sein. Ich habe so sehr auf meine Periode gewartet. War noch im Stadion Fußball gucken. Die Periode kam nicht. Ich habe noch einen digitalen Test gemacht. Positiv. Oh mein Gott! Du bist Schwanger Alina! Ich habe mir einen weiteren digitalen Test geholt mit Wochenanzeige. Totaler Nonsens eigentlich, aber für mich war es surreal. Er zeigte an 2+3 Wochen. Oh wow! Wow Wow! Ich rief bei der Kinderwunsch Klinik an und erzählte es. Der Termin wurde abgesagt. Ich rief meine Gynäkologin an, Termin wurde vereinbart. Etwas später als sonst – Woche 9. Ich sah das Herz und konnte es nicht glauben. Was bin ich in Tränen ausgebrochen. Vor Freude…aber, die Angst saß mir so tief im Nacken. Das Ganze sind mein Körper und ich ja schließlich schon durchgegangen. Woche 12 – es war mehr zu sehen, das Herz schlug kräftig. Meine Ärztin grinste breit und meinte: Ich freu mich so. Herzlichen Glückwunsch! Sie dürfen sich jetzt auch mal richtig freuen!

Für meinen Partner war das alles noch nicht greifbar oder „freudig“ erregend bis zum ersten großen Ultraschall in der Schwangerschaft. Da sehen wir wieder, wie wenig an die Männer gedacht wird. Auch diese leiden und auch diese brauchen „Konversationen“ über ihre Gefühle.

Die ersten 16 Wochen ging es typisch „Schwanger“ – schlecht. Wie ging es mir aber sonst? Tatsächlich gut! Abgesehen von der Angst natürlich. Ich versuchte mir zu sagen: das ist eben Mutter Natur! Du kannst nicht alles kontrollieren. Du lebst einfach weiter. Es wird alles gut! Es kann doch immer was passieren, hör auf den Panikmodus im Kopf konstant anzuhaben. Die Schwangerschaft wurde als Risikoschwangerschaft durch die Fehlgeburten und auch durch erbliche Erkrankungen eingestuft. Bekam ich dadurch mehr Ultraschalle? Nein und wurde von einer Freundin von mir, die via In-Vitro-Fertilisation schwanger wurde, kritisch beäugt. Jedoch bin ich dankbar, dass meine Ärztin meine „Angst“ nicht weiter genährt hat. Das ich meine Hebamme an der Seite hatte, die mir damals schon stärkend zur Seite stand. Jedoch möchte ich hier sagen, dass ich niemanden dafür verurteilen würde, wenn mehr Ultraschalle gewünscht sind. Das ist mehr als in Ordnung.

Auf mich traf der Satz „mit einer Schwangerschaft haben Frauen keine Schmerzen bei Endometriose“ genauso zu, wie die alten Mythen um das Geschlecht des Kindes.

Gebärmutterbanddehnungen und meine Verwachsungen taten schon weh. Bin ich ehrlich. Fühlte sich nicht schön an. Es fühlte sich an als wenn ein Gummiband gleich reißen würde.

Durch Osteopathie und Kraftsport, Tanzen habe ich meine Beschwerden aber gut in Griff bekommen. Yoga. Oh du geliebtes Yoga – was hast du mir doch geholfen.

Es kam jedoch in Woche 32 zu Blutungen. Ich bin ab ins Krankenhaus. Plazenta Praevia. Na Klasse! Nachdem ich dann in meine „Wunschklinik“ bin und das Anmeldegespräch vorgezogen hatte (die Wunschklinik ist ein Endometriose Klinikum und dort hatte ich auch meine Op’s) habe ich mich dann für einen geplanten Kaiserschnitt entschieden. Ich hätte mich und das Baby ansonsten in Lebensgefahr gebracht. Safty First.

Für mich war aber auch nie wichtig, wie ich gebäre. Sie haben mir auch erzählt, dass mit Adenomyose das befruchtete Ei sich gerne weiter vorne einnistet und, dass das damit  „nichts Ungewöhnliches“ ist. Okay. Hallo Adenomyose. Hier haben wir dich wieder. Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt KEINE Probleme mit meiner Endo gehabt. Ich kann mit großen Tönen sagen: Ich hab mich noch nie so gut gefühlt wie während dieser Zeit! Schwanger sein fand ich sexy, es tat mir gut, keine körperlichen Probleme. Der Wahnsinn! Kannte ich ja gar nicht mehr.

Woche 37 – und es kam ein weiterer Segen dazu der mich heulend auf dem Stuhl der Gynäkologin hinterließ…. Ciao Plazenta Praevia! Die Plazenta hat sich doch noch hochgezogen. Nicht weit. Aber so weit, dass ich vaginal gebären darf ohne ein Risiko für meine oder des Kindes Gesundheit.

Jetzt sitz ich hier und kann es selbst noch nicht glauben. Vielleicht sagt das Wort „Glaube“ aber ganz viel aus. Ich habe an mich, meinen Körper geglaubt! Sehr stark! Mich wieder lieben gelernt.  Was mir die Endometriose-Erkrankung und Ihre Anhänger geraubt hatten. Ich war dankbar für das, was mein Körper alles mitgemacht hat. Selbst mein Partner sagt: wer hätte gedacht, dass dein Körper eine Schwangerschaft so rockt! Das kannst du laut sagen!!!

Denke ich manchmal daran, wie es wohl danach wieder aussehen kann? Natürlich, der Gedanke kommt mir schon hier und da mal auf. Ich versuche mich davon aber nicht beeinflussen zu lassen. Genau eben nicht immer an meine Erkrankung und Schmerzen zu denken. Einfach im Hier und Jetzt zu sein. Um alles weitere kann ich mir Gedanken machen, wenn es so weit ist. Dann kann ich auch wieder den Kopf in Sand stecken wollen.

Während ich das hier schreibe und teile, könnte der Kleine jeden Moment kommen. Jede Geschichte ist so individuell wie wir Frauen. Keine Geschichte gleicht der anderen! Hier ist jeglicher Vergleich nicht gesund in meinen Augen. Aber zu lesen, dass es Frauen gibt, die Schwanger wurden ohne IVF, die ohne Hormone leben können, die während einer Schwangerschaft keinerlei Schmerzen haben…. Das hätte mir damals den Mut gegeben, nicht aufzugeben und ich hoffe, wenn du das hier liest, es dir etwas Mut zuspricht.

 

Auf Instagram findest du Alina als @mealinaaa. Sie ist längst Mama eines Sohnes. Ihren wundervollen Erfahrungsbericht wollten wir dir dennoch nicht vorenthalten.

 

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