Ein Erfahrungsbericht der Mut macht. Eine Spontangeburt nach Kaiserschnitt, ist das überhaupt möglich?
Um eines gleich mal vorwegzunehmen: Wir Frauen leisten Unglaubliches, um ein Kind auf die Welt zu bringen. Und zwar ganz gleich, ob dies auf natürlichem Wege oder per Kaiserschnitt geschieht. Für Letzteres gibt es eine Vielzahl medizinischer Indikatoren. Manchmal kommen diese auch erst im Laufe der bereits begonnenen Geburt zum Vorschein. Dann bringt ein Kaiserschnitt nicht nur Leben auf die Welt, sondern kann auch das der werdenden Mama und ihres Babys retten. Trotzdem hinterlässt ein ungeplanter Kaiserschnitt häufig nicht nur körperliche Narben. Denn selbst, wenn die Sectio medizinisch notwendig war, haben viele Frauen das Gefühl, versagt zu haben, und kämpfen mit unnötigen (!!) Gewissensbissen. Nicht selten wachsen auch die Angst vor einer erneuten Schwangerschaft und die Sorge, dass die nächste Geburt wieder ein ungewollter Kaiserschnitt werden könnte. Dieser Erfahrungsbericht soll ein Mutmacher sein, dass eine Spontangeburt auch nach einem Kaiserschnitt möglich ist.
Danielas Hebammentipp
In meiner langjährigen Praxis als Hebamme habe ich viele Mamis kennengelernt, die nach einer sekundären Sectio traurig waren. Schließlich verlief die langersehnte Traumgeburt so ganz anders, wenn statt der geplanten vaginalen Geburt ein Kaiserschnitt nötig war. Oft kam dabei die Frage auf, ob bei einer weiteren Schwangerschaft zwangsläufig wieder per Kaiserschnitt entbunden werden müsse. Denn genau das war noch vor ein paar Jahren gewissermaßen in Stein gemeißelt. Dass es auch anders geht, soll dir eine ganz persönliche Geschichte über eine Spontangeburt nach Kaiserschnitt zeigen. Ich erzähle sie dir, um dir Mut zu machen. Und um dir zu zeigen, was alles möglich ist – vielleicht ja auch bei deiner nächsten Geburt, liebe Mami:
Mein persönlicher Erfahrungsbericht
Schon vor der ersten Schwangerschaft stand für meine Schwester fest, dass sie ihre Kinder am liebsten zu Hause auf die Welt bringen möchte. Leider hatten ihre ersten beiden Kinder andere Pläne und mussten letzten Endes doch per Kaiserschnitt geholt werden. Damit ging es meiner Schwester vor allem seelisch gar nicht gut. Dann kündigte sich Baby Nummer drei an. Mit ihm kam bei meiner Schwester die Frage auf: „Kann ich eine Spontangeburt nach den Kaiserschnitten überhaupt anstreben?“ Meine Antwort war ganz klar: „Ja!“ Denn jede Schwangerschaft ist anders, und damit auch jede Geburt. Glücklicherweise wurde ihr Wunsch sowohl von ihrer Hebamme als auch vom leitenden Klinikarzt medizinisch befürwortet und unterstützt.
Und siehe da: Ihre Tochter kam spontan (mit Unterstützung der Saugglocke) zur Welt! Voller Stolz und glücklich, nach zwei Kaiserschnittentbindungen doch noch spontan entbunden zu haben, ging es meiner Schwester richtig gut. Aber damit nicht genug, bald darauf kündigte sich Kind Nummer vier an. Ich war damals eigentlich als Babysitter für die drei größeren Kinder eingeplant. Eines Morgens klingelte mein Telefon bereits um 5:30 Uhr. Mein Schwager bat mich, möglichst schnell zu kommen, da meine Schwester bereits Wehen hatte. Wie der Blitz war ich natürlich sofort zur Stelle. Als ich eintraf, hatte meine Schwester schon heftige Wehen. Ich hörte sie im ersten Stock laut tönen. Mein Schwager hingegen war die Ruhe selbst, was mich ein wenig wunderte, denn es klang schon sehr nach Finale. Aber gut, schließlich war es ja auch sein viertes Kind und er somit Profi… ;-))
Plötzlich schrie meine Schwester laut auf, woraufhin ich schnell die Treppen nach oben gerast bin, um nach ihr zu sehen. Mir war sofort klar, dass das Baby nicht mehr zu stoppen war und so holte ich schnell meinen Hebammen-Koffer aus dem Auto. Wir positionierten meine Schwester in ihrem Bett und präparierten alles notdürftig für die Geburt. Rettungswagen und ihre Hebamme waren inzwischen informiert. Innerhalb von Minuten gebar meine Schwester dann ihren kleinen Sohn, ganz intim mit mir und ihrem Mann bei sich zu Hause. Das war eines der tollsten und definitiv aufregendsten Ereignisse, die ich je erleben durfte – abgesehen natürlich von meinen eigenen Geburten… ;-))
Und wenn ihr mich jetzt sehen könntet, würdet ihr merken, wie sehr mich die Geschichte noch immer berührt. Und wie ich während des Schreibens mit den Tränen ringe. Denn es war der größte Wunsch meiner Schwester, ihre Kinder zu Hause zu gebären. Dass sich dieser Wunsch nach drei so unterschiedlichen Geburten mit einer Spontangeburt nach Kaiserschnitt noch einmal erfüllt hat, war und ist einfach unbeschreiblich schön.
Ist eine Spontangeburt nach einem Kaiserschnitt auch aus medizinischer Sicht empfehlenswert?
Mittlerweile plädieren immer mehr Mediziner dafür, eine Spontangeburt nach einem erfolgten Kaiserschnitt in Erwägung zu ziehen. Wichtig ist nur, dass genau analysiert wird, warum die vorangegangene Entbindung per Sectio erfolgt ist. Wenn etwa der Kaiserschnitt beim ersten Kind notwendig war, weil sich dessen Herztöne während der Geburt verschlechtert haben, muss sich das beim nächsten Kind keineswegs wiederholen. Ähnlich sieht es aus, wenn das erste Kind wegen einer Beckenendlage per Sectio entbunden wurde, das zweite Kind aber mit dem Kopf nach unten liegt.
Wie hoch ist das Risiko, dass bei einer Spontangeburt die Narbe an der Gebärmutter reißt?
Zum Glück kommt eine sogenannte Uterusruptur – die Gebärmutter reißt während der Geburt im Bereich der alten Narbe – nur extrem selten vor. Durch eine engmaschige Kontrolle kann der Arzt oder die Ärztin aber gut beurteilen, wie hoch das Risiko dafür ist. Außerdem sollte jede Frau nach einer Geburt per Kaiserschnitt etwa ein Jahr abwarten, bevor sie erneut schwanger wird. So kann die Narbe gut verheilen und dem Druck der Wehen auch standhalten.
Was spricht gegen eine Spontangeburt nach Kaiserschnitt?
Es gibt diverse medizinische Gründe, die in jedem Fall eine operative Entbindung erfordern. Dazu gehören vorangegangene größere Operationen an der Gebärmutter oder auch ein überstandener Beckenbruch. Gleiches gilt, wenn die körperliche Konstitution der Mutter nicht den „Ausmaßen“ ihres Babys entspricht. Beispielsweise, wenn eine kleine, zierliche Frau ein 5-Kilo-Baby erwartet. Auch eine Fehllage der Plazenta, etwa wenn diese direkt vor dem Muttermund liegt, sprechen gegen eine Spontangeburt nach Kaiserschnitt.
Was kann ich tun, damit meine nächste Entbindung möglichst eine Spontangeburt wird?
Auch du selbst kannst einiges dafür tun, dich gut auf deine nächste Geburt vorzubereiten, liebe Mami. Dazu gehört ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, Entspannungseinheiten sowie eine ausgewogene Ernährung. All diese Faktoren erhöhen definitiv die Chance auf eine spontane Geburt. Darüber hinaus solltest du dir einen Arzt und eine Hebamme suchen, die bereit sind, es mit dir und deinem Baby „zu versuchen“. Die dich stärken und dazu motivieren, eine Spontangeburt unter den richtigen Voraussetzungen anzustreben. Die dich aber auch auf einen möglichen Kaiserschnitt vorbereiten. Denn gut vorbereitet kann auch der letzten Endes ein versöhnendes Erlebnis sein!
Ich wünsche dir eine schöne Schwangerschaft und eine entspannte Geburt!
Deine Hebamme Daniela
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Kaiserschlüpfer
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